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Pazifismus als Verantwortung Pazifistische Lösungen statt militärische LogikKlaus Heidegger Gewaltfreie Strategien und ihre Methoden können höchst erfolgreich sein, würden sie systematisch angewendet. Ich möchte mit einem Beispiel beginnen. In einem baskischen Museum in Donostia begegnete mir folgende Aussage über die Zeit der Diktatur in Spanien: Hätten weder große Teile der katholischen Kirche noch die westlichen Mächte Franco nicht unterstützt, hätte es im Gegenteil wirtschaftliche und politische Sanktionen gegeben, so wäre seine Diktatur viel früher beendet worden. Imperatoren Grenzen setzen Auch hier liegt wieder eine bleibende Ansage – bis in die Gegenwart des Ukrainekrieges hinein. Im Geflecht internationaler Wirtschaftsbeziehungen wäre es möglich, Imperatoren die Grenzen zu setzen. Egal ob in Spanien oder der Ukraine, ob in Afrika, Asien oder Europa, überall auf der Welt gelten die Erkenntnisse aus der Friedensforschung, wie Kriege ohne Militärgewalt beendet werden können. Seit der völkerrechtswidrigen Invasion russischer Streitkräfte hat die ukrainische Zivilgesellschaft spontan und mutig in Hunderten gewaltfreien Aktionen wie ziviler Ungehorsam, Straßenblockaden oder Kommunikationskampagnen ihren Widerstand ausgedrückt. Protestmaßnahmen - gewaltfreie Interventionen -Nicht-Zusammenarbeit Das Internationale Katalanische Institut für den Frieden (ICIP) hat in Zusammenarbeit mit einem Institut der Universität Jena Daten über den gewaltfreien Widerstand in der Ukraine vom 24. Februar bis zum 30 Juni 2022 gesammelt und ausgewertet. Insgesamt listet der umfangreiche Forschungsbericht 235 dokumentierte gewaltfreie Aktionen auf. Sie werden in drei Kategorien systematisiert: Protestmaßnahmen (148), gewaltfreie Interventionen (51) sowie Formen der Nicht-Zusammenarbeit (36). Es ist wie eine To-Do-Liste des gewaltfreien Widerstands, wie ich sie in einem Forschungsprogramm unter Leitung von Gene Sharp an der Harvard Universität kennenlernen konnte. In einer interaktiven Karte des katalanischen Institutes kann die zeitliche sowie geographische Abfolge der gewaltfreien Aktionen im Rahmen dieser drei Kategorien nachverfolgt werden. Während die offenen Protestaktionen im April aufgrund stärkerer Repressionen abnahmen, nahmen die verdeckten Widerstandsformen von Nicht-Zusammenarbeit und zivilem Ungehorsam zu. Gewaltfreie Interventionen waren vor allem zu Beginn sehr verbreitet. Bilder von Bürgerinnen und Bürger, die Straßenblockaden errichteten, Straßenschilder austauschten und Panzer an der Weiterfahrt hinderten, gingen durch die Berichterstattungen. Da die Ukraine reich an Erfahrungen mit gewaltfreier Aktion ist, da es viele Vernetzungen auf unterschiedlichen Ebenen gibt, ist der in der Frühphase der Invasion organisierte gewaltfreie Widerstand verständlich. Internationale Studien haben zwar gezeigt, dass auch gewaltfreier Widerstand keine Erfolgsgarantie geben kann, doch noch weniger kann es das Setzen auf die militärische Karte. Im Gegenteil. Ein historischer Vergleich zeigt, dass gewaltfreier Widerstand mehr als doppelt so oft erfolgreich war als militärischer. Wir sehen es seit Wochen in der Ukraine: Der Versuch, die von Russland besetzten Gebiete militärisch zu „befreien“, feuert den Krieg immer noch mehr an, führt zu völlig zerstörten Städten, Abertausenden Toten und Verletzten und drängt eine friedliche Zukunft für das Land hinaus. Schwächen des gewaltfreien Widerstands Die Schwächen des gewaltfreien Widerstands in der Ukraine sind ebenfalls offensichtlich. Sehr bald schon wurde mit voller Kraft auf die militärische Widerstandskraft der Ukraine gesetzt. Kampfparolen waren an der Tagesordnung. Generalmobilmachung erfolgte. Massive Waffenlieferungen aus dem Westen begannen. Allein die USA haben in den vergangenen Monaten viele Milliarden für militärische Rüstungsanstrengungen in der Ukraine ausgegeben. All diese Anstrengungen verdrängten die anfänglich gewaltfreien Protestmaßnahmen. Geschichte ist nicht dazu da, um gefährliche Irrwege zu wiederholen, sondern um Lehren daraus zu ziehen: Gewaltfreie Widerstandsformen gegen illegitime Eroberungen sind, wenn systematisch vorbereitet und geschult, jeder Gewalt vorzuziehen. Klaus Heidegger
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